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[GERMAN] Medienvereinnahmung in der Türkei- Gleichschaltung der Stimmen

Die Dogan-Mediengruppe in der Türkei, zu der auch der Sender CNN-Türk  und die Zeitung Hürriyet gehören, sollen von einem Erdogan-nahen Konzern aufgekauft werden. Kritiker befürchten eine stärkere Lähmung der Pressefreiheit des Landes. HILAL AKDENIZ.

 

[dropcap size=big]D[/dropcap]ie seit langem düster wirkende Medienlandschaft der Türkei soll nun noch eintöniger werden, als sie bereits seit 2016 schon ist. Nach Bekanntgabe der, noch halbwegs als unabhängig geltenden, Mediengruppe Dogan, sollen die Medienformate Hürriyet und CNN-Türk an die regierungsnahe Demirören-Gruppe   verkauft werden.

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Zeitung und TV-Sender haben einen Börsenwert von 725 Millionen Euro. Die Demirören-Gruppe, die eigentlich im Bereich Automobil, Bau, Bildung, Energie und Tourismus tätig ist, hatte bereits 2011 die Zeitungen „Milliyet“ und „Vatan“ aufgekauft. Sie ist für ihre regierungsnahe Haltung in der Türkei bekannt, was sich sofort auf die Veröffentlichungspolitik und Mitarbeiter der Zeitungen auswirkte.

Schon vor dem Putschversuch 2016 gab es starken Druck und Sanktionen auf oppositionelle Medien. Am 27. Juli 2016 wurden mit Beschluss des obersten Millitärs (YAŞ) 3 Nachrichtenagenturen, 16 Fernsehsender, 23 Radiosender, 45 Zeitungen, 15 Zeitschriften, 29 Verlage geschlossen. Kritiker fürchten nun eine letzte Form der Einnahme der Medienlandschaft der Türkei, die verheerende Folgen auf Presse- und Meinungsfreiheit des Landes haben wird.

Die “Cumhuriyet” schrieb dazu: “Der einzige große Medienmogul des Landes ist nun die Regierung.” So machte auch der deutsche Springer-Konzern die Erklärung: “Das Unternehmen hält derzeit noch sieben Prozent an der Dogan TV Holding, es gibt aber die klare Absicht und auch entsprechende Vereinbarungen, sich komplett zurückzuziehen.” Springer galt seit 2007 als Investor an Dogan TV Holding A.S.

 

„Nägel und Zähne ausreißen“

Aydin Dogan zählt zu den mächtigsten Männern der Türkei. Mit dem Verkauf seines Medienkonzerns verliert er endgültig an Macht, die er eigentlich schon seit 2009 stetig verlor, aber zumindest ist er nach Abwicklung der Übergabe mit einem Verkaufswert von rund einer Milliarde Euro immer noch unter den wohlhabendsten.

Das Problem der Medienhäuser der Türkei liegt an der strukturellen Anbindung an Wirtschaftskonzerne. Diese können mittels unterschiedlicher Druckmechanismen gezwungen werden Tätigkeiten zu machen oder zu unterlassen. Bereits 2009 hatte der Medienimperator Dogan die ersten Schwierigkeiten. Die türkischen Finanzbehörden verhängten eine Steuerstrafe von 2,5 Milliarden Euro.

Als Folge musste Dogan „Milliyet“ und „Vatan“ veräußern. Die Regierung fand an der projizierten Angriffsfläche Gefallen und  griff stetig an. Noch vor den Parlamentswahlen im November 2015 erlaubte sich ein AKP-Abgeordneter im Fernsehen folgenden Ausspruch: „Wir wissen, wie wir Aydin Dogan die Nägel und die Zähne ausreißen können.“ Unter diesen Aspekten betrachtet ist es eine Sache des Selbstverständnisses gewesen, dass die Dogan-Mediengruppe Erdogan am 16. Juli 2016 über CNN-Türk per Face-Time-Zuschaltung die Möglichkeit gaben zur live Mobilisierung seiner Streitkräfte aus dem Volk.

 

Die letzten Kämpfer auf dem Feld

Viel ist von der einst so bunten Medienlandschaft in der Türkei nicht geblieben. Von der Macht, die Medien als vierte Instanz eines Staates zugeordnet wird, ist auch nichts mehr zu sehen.  Erdogans Macht kontrolliert 99% der Medienstimmen. Übriggeblieben sind „Sözcü“, „Cumhuriyet“, „Evrensel“ und „Birgün“.

Gemeinsam erreichen sie eine Leserschaft von unter 50 000. Allerdings wartet auch auf sie eine große Herausforderung, denn bisher wurde der landesweite Vertrieb über Yaysat gemacht, die zur Dogan Gruppe gehört und mitverkauft wurde. Streng genommen ist der Verkauf des Medienkonzerns der einer Landeinnahme eines Systems gleichkommt aus Sicht des Kartellrechts juristisch nicht rechtens.

Dass Erdogan aber Gesetze nicht streng nimmt oder nach Bedarf anpasst, ist leider auch nichts neues mehr. Fakt bleibt, dass es der Journalismus mit seinen Vertretern des Berufes in der Türkei in den letzten Jahren nicht leicht hatte. Scheinbar wird es in Zukunft auf jeden Fall nicht besser.

 

Hilal Akdeniz
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