Die Gedanken sind frei,
wer kann sie erraten,
sie fliehen vorbei
wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
kein Jäger erschießen,
es bleibet dabei:
die Gedanken sind frei.
…
Und sperrt man mich ein
Im finsteren Kerker,
das alles sind rein
vergebliche Werke;
denn meine Gedanken
zerreißen die Schranken
und Mauern entzwei:
die Gedanken sind frei.
(Deutsches Volkslied zur Gedankenfreiheit, 1780).
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[dropcap size=big]D[/dropcap]er 3. Mai ist der Tag der Pressefreiheit. Die Welt feiert die Macht, die als fünfte und regulierende Kraft in Staatssystem gilt. Ein aktueller Beitrag der zeigt jedoch, dass diese regulierende Instanz stark gefährdet ist. Selbst in den demokratischen europäischen Ländern häufen sich Hetze und Gewalt gegenüber Journalisten. Eine Rangliste von 180 Staaten macht deutlich, dass Staaten, die zuvor als Demokratie- gefestigt, Menschrechte- befürwortend und Meinungsfreiheit- bestärkend galten, auf ihren Rangreihen abgerutscht sind. Die Länder, die ihre Gesamtpunktzahl der Bewertungskriterien behalten oder gar vermehrt haben sind in der extremen Unterzal.
Die Liste wird eröffnet mit den Platzbesten Norwegen und Schweden und geschlossen mit Nordkorea. Deutschland macht Platz 15 und die USA Platz 45. Für zwei Staaten, die im Weltgeschehen so viel Einfluss und Macht haben, sind diese Plätze eher ein Armutszeugnis.
Man könnte nun glauben, dass unser globalisiertes und modernes Zeitalter, in dem doch jeder einzelne mittels Internet und Informationsüberflut bereits selbst als quasi-Journalist agiert und dass die Nachrichtenbeschaffung ein neues Format angenommen hat. Die Schranken und Zensuren können heute gar nicht mehr wie früher gelegt werden, jeder kann sie mannigfach umgehen, könnte man meinen. Das dem nicht so ist sieht man heute eigentlich eindeutig an zwei Fällen: Nordkorea und Türkei. Nordkorea hat sein ganzes Netz nach außen und nach innen komplett abgeschottet. Alle Bürger, die sich gegen diese Maßnahmen widersetzen, werden bestraft. Es gibt unzählige Menschen, die für ihre Texte auf ihren Blogs in Haft sitzen!
Besonders heikel ist es leider in der Türkei. In den vergangenen zwei Jahren hat sich das Land in ein riesiges Gefängnis abgewandelt. Es ist derzeit das größte Gefängnis für Journalisten weltweit. Mit den 180 Journalisten, die aktuell in Haft sitzen, könnte man mehrere Publikationen allein aus dem Gefängnis produzieren. In dem aktuellen Themenbeitrag von Anmesty International heißt es:
“Massive und unrechtmäßige Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit sind in der Türkei seit Ausrufung des Ausnahmezustands im Juli 2016 an der Tagesordnung“, sagt Janine Uhlmannsiek, Expertin für Europa und Zentralasien bei Amnesty International in Deutschland. “Mehr als 180 Medienhäuser hat die Regierung schließen lassen, mehr als 120 Journalistinnen und Journalisten befinden sich in Haft und Tausende Medienschaffende haben ihren Job verloren. Die Pressefreiheit in der Türkei liegt seit fast zwei Jahren in Ketten.“
Es wird um konstanten Druck von außen gefordert:
“Die türkische Regierung missbraucht die weitreichenden Befugnisse, die sie durch den Ausnahmezustand erhält, um die Zivilgesellschaft zu unterdrücken und kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Damit verletzt sie die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit“, so Uhlmannsiek. “Die deutsche Bundesregierung muss – genau wie die internationale Staatengemeinschaft – weiter Druck auf die türkische Regierung ausüben: Die täglichen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei dürfen nicht in Vergessenheit geraten, auch wenn die Regierung in Ankara prominente gefangene Deutsche freigelassen hat. Es gilt, deutlich Kritik zu äußern und die türkische Regierung zur Einhaltung ihrer menschenrechtlichen Verpflichtungen aufzufordern. Die türkische Zivilgesellschaft und die freie Presse kämpfen ums Überleben. Dabei darf die internationale Gemeinschaft sie nicht alleine lassen.“
Dass Druck von außen in Idealfall etwas bewirken kann, sah man im Fall Deniz Yücel, der nach nichtveröffentlichten Gesprächen und Deals freigelassen wurde. Dass es aber auch ganz anders verlaufen kann, sieht man im Fall der Altan-Brüder: obwohl der europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Unrechtmäßigkeit der Haft verkündet hat, hat sich in der Situation der Journalisten nichts verändert.
Obwohl unzählige Journalisten gefangen sind, motivieren Beiträge und Mitteilungen gerade jener aus der Haft. Es hat den Anschein, dass dieser Zustand sie noch vielmehr bestärkt hat in ihrem Beruf, in ihrer Berufung. Die inhaftierte Journalistin Zehra Dogan teilte zum Beispiel mit „Ich bin im Gefängnis aber ich bin keine Gefangene“. Die Worte der jungen Dogan geben so viel Hoffnung und Mut, für Inhaftierte und all jene, die draußen auf sie warten: „Jeden Tag zeigen wir, dass Kunst und Journalismus nicht eingesperrt werden können. Wir werden unseren Kampf fortsetzen und weiterhin sagen “Journalismus ist kein Verbrechen”, bis alle Journalisten frei sind !“ Wie heißt es doch so schön in dem Volkslied? Die Gedanken sind frei….